Restrukturierungsbeauftragter
Übermäßige Verbindlichkeiten:

Mit oder ohne Restrukturierungs­beauftragten oder Sanierungsmoderator?

Ein Schuldner benötigt in der Krise in der Regel professionelle Unterstützung. Nur so kommt er/sie in den Genuss und Schutz von Werkzeugen wie Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen. Ferner muss der Unternehmer die Restrukturierungsnotwendigkeit und die Stabilität des Geschäftsbetriebs für die Phase der Verhandlungen schriftlich darstellen und einem gesonderten Restrukturierungsgericht anzeigen.
Der zertifizierte Interim Manager Ulrich Späing erklärt in seinem Beitrag Wissenswertes über die Aufgaben eines CROs und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Notwendige Qualifikation und Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten

Ob zwingend bestellt oder freiwillig hinzugezogen: Der Restrukturierungsbeauftragte besetzt eine wichtige Position zwischen dem Unternehmen, den Gerichten und manchmal auch den Gläubigern.

Der Restrukturierungsbeauftragte ist eine im Gesetz vorgesehene natürliche Person, der eine spezielle Verantwortung im Prozess des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens zukommt. Das Gesetz führt die notwendigen Qualifikationen des Restrukturierungsbeauftragten nicht weiter aus. Es vermerkt lediglich, dass er geeignet sein muss.
Dazu zählen unter anderem bestimmte Berufsbilder, regelmäßige Fortbildungen und Grundanforderungen an Berufsabschluss und Berufserfahrung.
Weitere nötige Anforderungen: 

  • Unabhängigkeit,
  • soziale Kompetenz,
  • fachliche Kompetenz,
  • Netzwerke,
  • Kooperationspartnerschaften,
  • persönliche und berufliche Unabhängigkeit. 

Die Restrukturierungsbranche befindet sich in einem stetigen Wandel. Regelmäßige Fortbildungen stellen sicher, dass die fachlichen Fertigkeiten des Restrukturierungsbeauftragten auf dem aktuellen Stand sind. Darüber hinaus kann der Beauftragte neue Ansätze und Methoden kennenlernen, die ihn in der Arbeit mit dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen zum Erfolg verhelfen können.
Unternehmensberater, Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Insolvenzverwalter bringen in der Regel die notwendigen Kenntnisse des Insolvenz- und Restrukturierungsrechts mit, welche die Voraussetzung für die Position des Restrukturierungsbeauftragten sind.

Soft Skills

Als Vermittler zwischen den am Restrukturierungsprozess beteiligten Parteien sind Kommunikationsfähigkeit, Integrationsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit zentrale Eigenschaften, die der Restrukturierungsbeauftragte ebenfalls mitbringen sollte. Für die erfolgreiche Restrukturierung eines Unternehmens im Zuge des Restrukturierungs- und Stabilisierungsrahmens sollte der Beauftragte das Vertrauen aller Seiten genießen. Der Sanierungsberater muss sowohl das Vertrauen des Unternehmens als auch das der Mehrheit der betroffenen Gläubiger besitzen. Auf diese Weise kann er seine Position optimal ausfüllen und den Prozess zu einem Abschluss bringen.

Fachliche Kompetenzen

Neben den sozialen spielen auch die fachlichen Kompetenzen eine entscheidende Rolle. Deshalb sollte der Restrukturierungsbeauftragte folgende Fertigkeiten mitbringen:  

Rechtliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen der Restrukturierung  

  • Erstellen von Sanierungskonzepten
  • Grundlagen des Insolvenzrechts
  • insbesondere zu den Themen Betriebsfortführung
  • (vorläufige) Insolvenzverwaltung
  • übertragende Sanierung
  • lnsolvenzplanverfahren
  • Eigenverwaltung
  • Grundlagen arbeitsrechtlicher Restrukturierungsmaßnahmen
  • Finanzierungsinstrumente in der Krise
  • Handlungsalternativen aus Sicht der Gläubiger, insbesondere Kreditinstitute und Warenkreditversicherer
  • Straf- und haftungsrechtliche Aspekte in der Krise
  • Grundlagen der Unternehmensbewertung und der Transaktionsbegleitung
  • Erfahrungen im operativen Change- oder Sanierungsmanagement.

Infrastruktur

Ein Netzwerk aus speziell für die Restrukturierungsberatung qualifizierten Fachkräften unterstützt den Restrukturierungsbeauftragten in seiner täglichen Arbeit. Insbesondere für betriebswirtschaftliche, rechtliche und insolvenzrechtliche Fragen ist es wichtig, dass der Beauftragte auf sachkundige Experten zurückgreifen kann. Auch das fachspezifische Wissen kann durch solche Kooperationspartner abgedeckt werden. Daher ist es wichtig, dass der Restrukturierungsbeauftragte eine verfügbare Infrastruktur in den Prozess des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens einbringen kann.
Der Nachweis der verfügbaren Infrastruktur kann in Form einer Kooperationspartnermatrix oder durch Kompetenzraster erfolgen. Für die relevanten, durch Kooperationspartner abgedeckten Restrukturierungskompetenzen sind vom Restrukturierungsbeauftragten je Fachgebiet mindestens zwei Kooperationspartner zu benennen. Dazu zählen das Insolvenz- und Arbeitsrecht sowie der Bereich Steuern und Wirtschaftsprüfung.

Die Qualifikationen und die Rolle des Restrukturierungsbeauftragten

Der Restrukturierungsbeauftragte steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. Er hat die Aufgabe, zu überwachen, dass die für den Verlauf des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens gesetzlich vorgegebenen Pflichten erfüllt werden. Passiert dies nicht, muss er dies dem zuständigen Restrukturierungsgericht anzeigen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass das Gericht das Verfahren aufhebt.

Bestellung

Je nach Fall ist die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten durch das Gericht zwingend (notwendige Bestellung) nötig oder optional möglich (fakultative Bestellung).  
Eine notwendige Bestellung liegt vor, wenn:  

  • das Verfahren besonders komplex ist,
  • weitgehend in die Rechte einzelner Gläubiger eingegriffen werden soll
  • oder alle (wesentlichen) Gläubiger von dem Restrukturierungsplan betroffen sind.  

Eine fakultative Bestellung liegt hingegen vor, wenn das Restrukturierungsgericht den Restrukturierungsbeauftragten auf Antrag des Unternehmens oder von mehr als 25 Prozent der Gläubiger bestellt. In diesem Fall ist es seine Aufgabe, die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Gläubigern zu fördern und dem Unternehmen zu helfen, den Restrukturierungsplan zu erstellen.

Aufgaben

Dem Restrukturierungsbeauftragten kommt damit eine entscheidende Aufgabe insbesondere in der Kommunikation zwischen Unternehmen und Gerichten zu. Es ist daher nur folgerichtig, dass das Unternehmen unter bestimmten Umständen maßgeblich Einfluss auf seine Bestellung nehmen kann. Nämlich immer dann, wenn es die Bescheinigung eines in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Experten vorlegt, in der Folgendes bestätigt wird: 

  • Die dem Gericht vorgelegte Restrukturierungsplanung ist vollständig und schlüssig.
  • Die Restrukturierung ist nicht völlig aussichtslos.
  • Das Unternehmen ist tatsächlich drohend zahlungsunfähig.
  • Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ist tatsächlich erforderlich, um das Restrukturierungsziel zu erreichen.

Weg in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen

Gute Vorbereitung und fachkundige Beratung sind die wichtigsten Voraussetzungen für den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen. Deshalb ist es für Unternehmen besonders wichtig, sich schon zu Beginn des Restrukturierungsprozesses damit zu befassen. Auf diese Weise können größtmögliche Erfolge erzielt werden.
Wer sich im Rahmen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens restrukturieren möchte, muss im Gegensatz zu anderen Sanierungsinstrumenten keine umfangreichen Voraussetzungen erfüllen. So muss das Unternehmen keinen komplizierten Antrag bei einem Restrukturierungsgericht einreichen, welcher durch dieses genehmigt werden muss, ehe der Prozess einsetzen kann. Stattdessen gibt es von Seiten des Gesetzgebers lediglich die Verpflichtung, die Absicht der Sanierung im Zuge des Restrukturierungs- und Stabilisierungsrahmens beim jeweiligen Gericht anzuzeigen. 
Hierfür benötigt das Unternehmen allerdings verschiedene Unterlagen, die eine angemessene Vorbereitung auf die Restrukturierung belegen. Dazu gehört beispielsweise der Entwurf eines Restrukturierungsplans.

 

Auf die Vorbereitung kommt es an

Der Anzeige beim Restrukturierungsgericht, das Unternehmen unter Zuhilfenahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen sanieren zu wollen, müssen unter anderem folgende Anlagen beigefügt werden:

  1. Der Entwurf eines Restrukturierungsplans oder mindestens ein Konzept für die Restrukturierung
  2. Aktueller Verhandlungsstand mit den betroffenen Gläubigern

Hierzu im Einzelnen:

Der Restrukturierungsplan kann in Teilen weitgehend in die Rechte der betroffenen Gläubiger eingreifen. Deshalb ist es wichtig, dass den Gläubigern rechtzeitig die Sinnhaftigkeit und Systematik der geplanten Restrukturierung erläutert wird.
Idealerweise wird ein vorläufiges Konzept bereits vor der ersten Ansprache der Gläubiger erarbeitet. Denn: Wenn die Gläubiger hören, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – auf Teile ihrer Forderungen verzichten sollen, kann dies zu Unsicherheiten führen. Um diese zu vermeiden und die bestmöglichen Chancen zur Durchsetzung des Restrukturierungsplans zu erhalten, muss sofort dargelegt werden können, was seitens des Unternehmens gefordert wird und warum genau das die einzige Sanierungsoption für das Unternehmen ist.

Auch die Darlegung des aktuellen Gesprächsstands mit den Gläubigern stellt in diesem Fall keine unüberwindbare Hürde dar. Indem der Gesetzgeber diese Information mit der Anzeige fordert, macht er deutlich, dass er davon ausgeht, dass bereits vor der Anzeige und der damit geplanten Nutzung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens die Verhandlungen zwischen Unternehmen und betroffenen Gläubigern aufgenommen wurden. Dies ist ein klares Indiz dafür, dass der Gesetzgeber keinen überraschenden Eintritt in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens vor Augen hat.

 

Nicht ohne fachkundige Begleitung

Zusätzlich zu den oben dargestellten Informationen zum Sanierungsziel und dem Stand der Verhandlungen müssen im Rahmen der Anzeige der Restrukturierungssache beim Restrukturierungsgericht Angaben dazu gemacht werden, in welcher Weise das Unternehmen Vorkehrungen dafür getroffen hat, wie das Unternehmen seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach dem StaRUG nachkommen wird. Diesen Nachweis wird das Unternehmen nicht allein durch die Darstellung organisatorischer Maßnahmen erbringen können.
Wie auch: Unternehmen und Mitarbeiter haben dies nicht gelernt und verfügen über keine Erfahrung in der Durchführung eines komplexen Restrukturierungsprozesses nach den gesetzlichen Vorgaben des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens. Dafür benötigen sie externe Expertise, wie sie zum Beispiel von geeigneten Sanierungsberatern oder in Restrukturierungsangelegenheiten erfahren Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt werden kann.
Der Hinweis des Gesetzgebers auf die organisatorischen Vorkehrungen spricht dafür, dass zwischen Unternehmen und Sanierungsberatern nicht allein ein Beratungsverhältnis bestehen sollte, sondern dass die externe Expertise zusätzlich in die Struktur des Unternehmens eingewoben werden soll. Eine Möglichkeit dafür: Der Sanierungsberater übernimmt die Funktion des CRO und damit eine eigenständige Verantwortung für das Gelingen des gesamten Prozesses. 

Die Gläubiger müssen diesem Plan zustimmen. Die Einstimmigkeit der Gläubiger ist nicht mehr notwendig. Anders als bei der außergerichtlichen Sanierung ist eine Mehrheit von 75 Prozent ausreichend.
Unternehmen sollten sich einen erfahrenen Sanierer – wie mich – an die Seite holen, um den Weg durch den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen gemeinsam zu bewältigen. Ein zwei Dutzend Mitglieder zählender Pool aus Sanierungsprofis hilft unter anderem bei komplexen Sachverhalten und bei den Verhandlungen mit Gläubigern.

Woran liegt es, dass Unternehmer noch immer viel zu spät die Sanierung ihres Unternehmens in Angriff nehmen?

Gründe können mangelnde betriebswirtschaftliche Transparenz sein. Und fehlende Bereitschaft, sich der Realität zu stellen. Und Konflikte innerhalb von Eigentümern und/oder der Geschäftsführung. Im Grunde „schützt“ der Geschäftsführer oder Unternehmer sich selbst vor der Realität des unternehmerischen Scheiterns. Hier sind externe Dritte als Gesprächspartner essenziell.

Viel Informationsarbeit notwendig

Als erfahrene Sanierer können wir wertvolle Hilfe leisten. Der Markt der Sanierer und Insolvenzverwalter hat die Gesetze StaRUG und InsO deutlich verbessert. Aber sind die Erleichterungen auch beim Unternehmer angekommen?Offenbar ist das noch nicht der Fall.
Sicherlich können hier kaufmännische Unternehmensberater eine wichtige Rolle spielen, damit die Unternehmer nicht zu spät die Chance des präventiven Restrukturierungsrahmens erkennen und ergreifen. Insolvenz ist in Deutschland zu oft ein persönlicher Makel, mit dem man sich nicht beschäftigen möchte – anders als zum Beispiel in den USA.

Über den Autor

Ulrich Späing ist staatlich geprüfter Betriebswirt Finanz und Rechnungswesen. Er hat sich in einer namhaften Düsseldorfer Sanierungskanzlei zum ESUG-Berater, zum Restrukturierungsbeauftragten und zum Sanierungsmoderator fortgebildet.
Er sammelte erste Erfahrung in Insolvenzvermeidung in der AG der Gebrüder L., einem Unternehmen der Entsorgungsbranche und Umweltschutztechnologieentwicklung.
In einer Agentur und Vertriebsgesellschaft vermied er als Fremdgeschäftsführer erfolgreich die Zahlungsunfähigkeit. Aus nächster Nähe erlebte er die Regelinsolvenz und übertragende Sanierung einer Eventgesellschaft. In der Nahrungsmittelindustrie war er im Management und im Vertrieb.
Seit 2010 ist er DDIM-Mitglied und Interim Manager seit 1986. Mit Engagement ist er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der United Labels AG. Von der Deutschen Börse AG ist er als Fachaufsichtsrat für den Prüfungsausschuss zertifiziert.

Haben Sie Fragen zum Artikel oder möchten Sie Herrn Späing für einen Ihrer Restrukturierungsprojekte engagieren? Nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf.