Ein Fachbeitrag unseres Interim Managers

Restrukturierung – eine Chance für ein Unternehmen

Restrukturierungen werden meist in Unternehmenskrisen, die sich schleichend entwickeln, erforderlich. Dabei bedeutet die grundlegende Neuausrichtung durch eine Restrukturierung auch eine Chance für ein Unternehmen, Marktposition und Fortbestand langfristig und nachhaltig zu sichern.

Erfahren Sie im Fachbeitrag unter anderem was die genaue Definition von Restrukturierung ist und wie diese sich vom Begriff Sanierung abgrenzt, wie ein idealtypischer Restrukturierungsprozess abläuft und wie Interim-Manager mit ihrer Expertise Unternehmen bei Restrukturierungen erfolgreich unterstützen können.

Restrukturierung von Unternehmen - Interim Profis

Was versteht man unter einer Restrukturierung?

Die Begriffe Restrukturierung und Sanierung sind nicht eindeutig definiert und exakt voneinander abgegrenzt. In der Praxis wird meist von folgender inhaltlicher Ausgestaltung ausgegangen:

Als Restrukturierung in weiterem Sinne kann man eine grundlegende Neuausrichtung eines Unternehmens verstehen. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Fälle unterscheiden:

  1. Eine Restrukturierung wurde durch eine Entscheidung des Managements initiiert, die auf der Erkenntnis erforderlicher Veränderung basiert.
  2. Eine Restrukturierung kann auch von außen angestoßen werden (z. B. durch Gesellschafter, Investoren oder Finanzierungspartner) aufgrund einer nicht zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung. Dieser letzte Fall wird üblicherweise als Restrukturierung (in engerem Sinne) verstanden.

Muss ein Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen und wird es innerhalb dieses Verfahrens grundlegend neu ausgerichtet, spricht man i. d. R. von einer Sanierung.

Bei Restrukturierungen wird häufig auch zwischen operativer und finanzieller Restrukturierung unterschieden:

  1. Bei einer finanziellen Restrukturierung wird das (intakte) operative Geschäftsmodell nahezu unverändert fortgeführt, lediglich die Finanzierung wird grundlegend neu strukturiert (Restrukturierung der Passivseite), wobei es zu einer vollständig neuen Zusammensetzung des Kreises der Finanzierungspartner kommen kann.
  2. Eine operative Restrukturierung hat eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells zum Gegenstand, wobei meist auch Änderungen der Finanzierung vorgenommen werden, diese jedoch durch die bisherigen Finanzpartner begleitet wird.

Wann wird eine operative Restrukturierung erforderlich?

Eine operative Restrukturierung wird meist infolge einer Krise erforderlich, wobei sich eine Unternehmenskrise üblicherweise über einen längeren Zeitraum schleichend entwickelt.
Typischerweise werden folgende Phasen unterschieden:

Phasen Unternehmenskrise - Interim Management

Abbildung 1: Phasen einer Unternehmenskrise

Krisen können unterschiedliche Ursachen haben, z. B. externe wie derzeit die Einschränkungen durch Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus oder auch interne wie z. B. Fehleinschätzungen des Managements in Bezug auf Markt- oder technologische Entwicklungen. In jeder Phase gibt es unterschiedliche Anzeichen für das Bestehen oder die Entwicklung einer Krise. Je früher die Krisenanzeichen erkannt und korrigierende Maßnahmen eingeleitet werden, umso höher ist die Chance, dass die Krise sich nicht weiterentwickelt und die nächsten Phasen erreicht. 

Mit Fortschreiten der Krise steigt der Handlungsdruck, so dass - meist in der Erfolgskrise bzw. beim Übergang in eine Liquiditätskrise - Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen.

Wie läuft operative Restrukturierung ab?

Häufiger Auslöser für die Initiierung einer Restrukturierung ist ein Nicht-Einhalten von sogenannten Covenants in Finanzierungsverträgen. Bei Covenants handelt es sich um Kennzahlen, die in den Finanzierungsverträgen vereinbart und regelmäßig vom Kreditnehmer zu berichten sind. Diese Covenants erfüllen für die Kreditgeber eine Art Signalfunktion, dass sich eine Krise abzeichnen könnte: Bei einer Nichteinhaltung der Covenants besteht das Risiko, dass Zins- und Tilgungszahlungen nicht geleistet werden können, und die Kreditgeber haben meist ein Kündigungsrecht.

Damit die Kreditgeber dieses Kündigungsrecht nicht ausüben (müssen), ist ein externes Gutachten durch eine Beratungsgesellschaft erforderlich, welches eine positive Fortführungsprognose für den Kreditnehmer bescheinigt. Diese Fortführungsprognose wird i. d. R. nach dem sogenannte Standard Nr. 6 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. („IDW-S6-Gutachten") erstellt. Dieser Standard legt inhaltliche Anforderungen an das Gutachten fest, so dass den Adressaten eine Beurteilung der erforderlichen Maßnahmen und einer künftigen Unternehmensentwicklung möglich ist.

Ausgangspunkt bildet üblicherweise eine Basisplanung, die von einer Geschäftstätigkeit in der bisherigen Form ausgeht („Was passiert, wenn nichts passiert."). Von einer externen Beratungsgesellschaft werden gemeinsam mit dem Management sowie Gesellschaftern und Mitarbeitern Maßnahmen in Form von Teilprojekten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität, Ergebnissituation und Liquidität entwickelt.

Diese Maßnahmen werden sehr detailliert ausgearbeitet und beschrieben in Bezug auf zu erzielende Effekte, zeitliche Umsetzbarkeit sowie Umsetzungsverantwortlichkeiten, wobei üblicherweise Sanierungsbeiträge unterschiedlicher Stakeholder-Gruppen (Gesellschafter, Managements, Mitarbeiter, Finanzpartner) erforderlich werden.

Des Weiteren sollten diese Maßnahmen nach der von McKinsey angewendeten MECE-Methode (Mutually Exclusive Collectively Exhaustive) erarbeitet werden, was bedeutet, dass die Maßnahmen voneinander unabhängig, vollständig und überschneidungsfrei sind. So können die Maßnahmen additiv zur Basisplanung hinzugefügt werden, wodurch sich der Restrukturierungsplan unter Berücksichtigung der Verbesserungseffekte aus den Maßnahmen ergibt.

Sobald das Restrukturierungskonzept von den relevanten Entscheidungsträgern als umsetzbar anerkannt und auch gebilligt wurde, kann die Umsetzung in Angriff genommen werden. Diese erfolgt i. d. R. mit einer Begleitung durch externe Berater, die sich auf die Umsetzung der definierten Restrukturierungsprojekte konzentrieren, da – gemäß der Restrukturierungslogik – diese das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur bringen. Die Verantwortung für die Umsetzung der Restrukturierungsprojekte wird meist einem Chief Restructuring Officer (CRO) übertragen, welcher Mitglied der Geschäftsleitung ist.

Ziel ist es, die Phase der Restrukturierung möglichst kurz zu halten, da sie zum einen durch die erforderlichen Veränderungen eine gewisse Unruhe ins Unternehmen bringt und zum anderen eine enorme Belastung für Management und Mitarbeiter bedeutet.

Warum scheitern Restrukturierungsprojekte?

Restrukturierungsprozesse sind komplexe Vorgänge mit vielen Beteiligten und oft unterschiedlichen Teilinteressen. Daher erfordert diese nicht einfache Management-Aufgabe viel Erfahrung in diesem Bereich.

Auch bei der Umsetzung der definierten Restrukturierungsprojekte kann es zu Abweichungen und Verzögerungen kommen, beispielsweise weil mögliche Ergebnis- oder Liquiditätsverbesserungen in der Planung zu optimistisch eingeschätzt wurden oder, weil man bei der Umsetzung auf die Mitwirkung von externen Geschäftspartnern angewiesen ist. In vielen Fällen wird auch die zeitliche Umsetzung zu optimistisch angesetzt.

Welche Möglichkeiten bieten sich für Interim Manager in Restrukturierungsprozessen?

Für einen Interim Manager mit profunder Erfahrung in Restrukturierungprozessen bieten sich hier vielfältige Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise als CRO oder als Verantwortlicher für Teilprojekte. Meist hat das Management eines Unternehmens wenig Erfahrung im Umgang mit solchen Krisen, und es wird sowohl in der Phase der Entwicklung des Restrukturierungsplanes als auch bei der Umsetzung Unterstützung benötigt.

Gerade von Seiten der Finanzierungpartner wird häufig begrüßt, wenn ein Externer sich der erfolgreichen Umsetzung der Restrukturierungsprojekte verpflichtet sieht. Als Externer ist der Einsatz eines Interim Managers befristet, und er muss weniger unter dem Aspekt einer künftigen Zusammenarbeit agieren.

Über den Autor...

Dr. Thomas Brettar ist international erfahrener Kaufmännischer Geschäftsführer, Chief Financial Officer (CFO) und Interim Manager, der Mandate als Geschäftsführer oder Projektmanager übernimmt. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind die Steuerung und Durchführung von M&A-Transaktionen, die Umsetzung von Restrukturierungen (CRO) sowie Geschäftsprozessoptimierungen und Effizienzsteigerungen. Dabei legt er Wert auf transparente Prozesse, den Einbezug der Stakeholder sowie einen wertschätzenden Umgang in Verbindung mit einer aktiven Kommunikation. Bei seinen Projekten profitiert er von langjähriger Erfahrung in Automobilzulieferindustrie mit hohen Anforderungen an Effizienz, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus hat er zahlreiche Projekte in den Branchen Maschinen- und Werkzeugbau, Consumer Goods, Dienstleistung und Medizintechnik erfolgreich umgesetzt. Dr. Brettar gelingt stets, sich sehr schnell in neue und komplexe Themenstellungen einzuarbeiten und das volle Vertrauen seiner Auftraggeber zu gewinnen.

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