Berufsbild der Zukunft: Manager(in) auf Zeit
Frau Vier ist seit mehreren Jahren erfolgreich als Managerin auf Zeit tätig. In ihrem Fachbeitrag erzählt Frau Vier über ihre Beweggründe und Motivation sowie ihre täglichen Herausforderungen als Interim Managerin. Zusätzlich gibt sie Tipps für Manager und Managerinnen, die überlegen in die Interim-Welt einzusteigen.
"Berufsbild der Zukunft: Manager(in) auf Zeit" - so oder ähnlich lautete eine Schlagzeile in einem Magazin in den 80er Jahren, über die ich auf das Berufsbild „Interim-Manager" bzw. „Manager auf Zeit" gestoßen bin. Nur so lange in einem Unternehmen bleiben, wie das Know-how und die Kapazität gebraucht werden. Dazu längere Zeit an einem anderen Ort verweilen und unterschiedliche Unternehmen und Branchen kennenlernen. Für mich ein Traumjob, den ich viele Jahre mit Hilfe der digitalen sozialen Netzwerke Wirklichkeit habe werden lassen.
Interim-Management: „Hoch bezahlt und viel Freizeit“
Interim-Manager verdienen im Vergleich zu fest angestellten Mitarbeitern deutlich mehr, nicht immer ernten sie dafür Verständnis. Dabei liegt der Tagessatz einer Managerin auf Zeit immer noch deutlich unter dem von Consultants von bekannten Unternehmensberatungen. Aber wie kommen die Preise zustande?
Zunächst einmal arbeitet der Interim Manager in der Regel als einzelner Freiberufler. Die Anmietung von Büroräumen entfällt bei den meisten, da sie ihre Arbeit vor Ort beim Kunden leisten. Damit hat der Interim Manager gegenüber Unternehmensberatungen deutlich weniger Kosten.
Sehr wichtig für den Manager auf Zeit sind aber Investitionen ins Marketing und den Vertrieb. Klappern gehört auch hier zum Handwerk: In der Regel hat eine Interims-Managerin unterschiedliche Online-Profile, die getextet und gepflegt werden müssen. Hinzu kommen Werbematerialien und die Teilnahme an wichtigen Networking-Veranstaltungen.
Hierzu gehört es auch den Kontakt zu Providern (Personalagenturen für Interim Manager) aufzubauen und zu halten. Sie treten als Vermittler zwischen Unternehmen und Interim Manager auf. Ein regelmäßiger Kontakt und inhaltlicher Austausch über Projektwünsche und Fähigkeiten sind ein Muss. Kommt ein Projekt zustande, dann wird der Provider am Umsatz beteiligt.
Wer nicht über Provider vermittelt werden möchte, muss sich ein Empfehlungs-Netzwerk aufbauen und gegebenenfalls in die Direktakquise investieren. Doch oft bleibt hierfür während eines Projekts kaum Zeit.
Das Unternehmen hat den Vorteil der Flexibilität, die sich der Interim Manager absichern muss: Ein Interim Manager kann sehr kurzfristig gekündigt werden und erhält in der Regel keine Entschädigung. In Zeiten von Wirtschaftskrisen, wie die Bankenkrise 2008 oder die Corona-Krise, müssen Manager auf Zeit mit Projektabbrüchen und längerfristiger Arbeitslosigkeit rechnen. Hierfür müssen im Tagessatz Risiko-Aufschläge berücksichtigt werden, um „Dürrezeiten" durchstehen zu können.
Damit wird auch ersichtlich, dass die projektfreie Zeit keine Freizeit. Projektfreie Zeit ist Akquise-Zeit, allerdings mit dem Vorteil, sich diese Zeit flexibel einteilen zu können. Auch diese Arbeitszeit muss sich im Tagessatz widerspiegeln.
Das alles zeigt: Der Manager auf Zeit ist ein betriebswirtschaftlich denkendes Mini-Unternehmen und kein Idealist.
Manager auf Zeit: „Powerriegel“ für Unternehmen
Nach Schätzungen des AIMP und der DDIM liegt der Altersdurchschnitt von Interim Managern zwischen Ende vierzig und Mitte fünfzig. Folglich handelt es sich bei Interim Manager um Manager mit langjähriger Berufserfahrung.
Das ist auch notwendig, denn in ihren Projekten müssen Interim Managerinnen schnell die Situationen verstehen und handeln. Während einem neuen Mitarbeiter in der Regel 100 Tage eingeräumt werden, um den „Stallgeruch" anzunehmen, muss der Interim Manager schon in den ersten 14 Tage unternehmerische Erfolge oder Perspektiven vorweisen. Diese Bedingungen zeigen, dass erfolgreiche Interim Manager über eine hohe Auffassungsgabe verfügen und operativ aktiv, zielorientiert und entscheidungsfreudig sein müssen. Das sind zudem wichtige Eigenschaften, um im Unternehmen die gewünschten Veränderungen zügig herbeiführen zu können.
Wie sieht der „ideale Manager auf Zeit“ aus?
Es gibt keine Checkliste, wie ein Interim-Manager sein muss. Wie bei fest angestellten Mitarbeitern, spielt die Situation, die Unternehmenskultur und der Veränderungswunsch des Unternehmens eine wichtige Rolle dafür, welche Managerin auf Zeit zum Vorhaben und den Mitarbeitern passt. Die Range reicht vom knallharten Sanierer bis zum integrativ denkenden Veränderer, von der kreativen Businessentwicklerin bis hin zur analytischen Strategin.
Und wenn Sie gerade überlegen, sich selbst als Interim Manager zu betätigen, dann sollten Sie ehrlich zu sich selbst sein: Sind Sie bereit, aktives Networking zu betreiben? Haben Sie Fähigkeiten oder die finanziellen Mittel, um Marketing und Akquise betreiben zu können? Und sind Sie bereit, für mehrere Monate in einer anderen Region zu leben? Sind sie zudem Autodidakt, um sich kurzfristig selbst etwas beizubringen? Wenn Sie diese Fragen nicht nur mit „Ja" beantworten, sondern auch Begeisterung dafür verspüren, dann könnte „Manager auf Zeit" auch etwas für Sie sein.
Über die Autorin
Bettina Vier ist Interim-Managerin für digitale Transformation, Change-Management und Strategieentwicklung für Digitalisierung. Sie ist davon überzeugt: Digitale Transformation muss bewusst, strukturiert und kreativ angegangen werden.
Mit "Faktor Vier" hat sie ihren Namen zum Programm gemacht. Um die digitale Transformation voranzutreiben und im Unternehmen als regelmäßigen Prozess zu implementieren, arbeitet sie auf der Basis aller vier Säulen der digitalen Transformation: Entwicklung der Digitalstrategie, Effiziente Nutzung von Daten und Systemen, Change-Management (Veränderungsmanagement) und operative Umsetzung. Kundenzentrierung, effektive Zusammenarbeit der Bereiche und Nachhaltigkeit sind für sie wichtige Rahmenbedingungen.