Falmme wird zu Glühbirne

Lieferkettengesetz

Das neue Lieferkettengesetz ist da und viele wissen noch immer nicht, wie sie sich verhalten müssen und ob sie überhaupt betroffen sind. In diesem kleinen FAQ gibt unsere Interim Managerin Saskia Rotterdam die wichtigsten Antworten zu den brennendsten Fragen.

FAQ Lieferkettengesetz

Wann tritt das Lieferkettengesetz in Kraft?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) wurde im Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet. Unternehmen haben – je nach Unternehmensgröße – bis 2023 oder 2024 Zeit, die Anforderungen umzusetzen.

Für welche Unternehmen gilt das Lieferkettengesetz?

Die Umsetzung und Einhaltung des Lieferkettengesetz gilt für alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland in Korrelation mit der Mitarbeiteranzahl. Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern müssen die Anforderungen bis 2023 umgesetzt haben. Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern bis 2024.

Wenn Sie nun denken: „Mein Unternehmen betrifft es ja dann gar nicht.", beachten Sie bitte, dass auch Ihr Unternehmen potentiell betroffen sein kann. Nämlich dann, wenn Sie ein direkter Lieferant (unmittelbarer Lieferant) eines Großunternehmens sind, oder Sie beispielsweise eine Niederlassung eines ausländischen Unternehmens sind, die mehr als 1.000 oder 3.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Um Ihnen die Einschätzung etwas einfacher zu machen, ob Sie Handlungsbedarf hinsichtlich des Lieferkettengesetzes haben, können Sie anhand der Grafik abschätzen.

 

 

Was ist das Ziel des Lieferkettengesetzes?

Ziel des Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörungen im Zusammenhang mit Produktion und Handel entgegen zu wirken. Um dies zu erreichen, werden Unternehmen zur Einhaltung der unternehmerischen Verantwortung verpflichtet.

Welche Folgen hat das Lieferkettengesetz?

In Ihrem Unternehmen sorgt es zunächst einmal für mehr Bürokratie – und natürlich einer Erhöhung Ihrer Compliance-Pflichten.

Insbesondere Einkaufsabteilungen werden mehr damit zu tun haben, die Anforderungen des Lieferkettengesetzes anhand Ihrer unternehmenseigenen Lieferkette einzuhalten.

OXFAM hat die Folgen des Gesetzes auf die Wettbewerbsfähigkeit in einem Beitrag sehr treffend formuliert:

„Bisher wurden Unternehmen, die verantwortungsbewusst handeln, wirtschaftlich benachteiligt. Denn gegenüber gewissenlos handelnden Konkurrenten tragen sie höhere Kosten, zum Beispiel weil sie existenzsichernde Löhne zahlen oder Umweltzerstörung vermeiden. Ein gesetzlicher Rahmen verhindert diesen Wettbewerbsnachteil. Mit dem Lieferkettengesetz sind alle Unternehmen einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, sich an Menschenrechte und Umweltstandards zu halten.

Einige Studien belegen sogar, dass Unternehmen, die sich aktiv für Menschenrechte und Umweltschutz in ihren Lieferketten einsetzen, wirtschaftliche Vorteile daraus ziehen: Sie können oftmals leichter Investor*innen gewinnen oder qualifizierte Mitarbeiter*innen rekrutieren. Denn Anleger*innen und Arbeitnehmer*innen bevorzugen zunehmend verantwortungsvolle und nachhaltige Unternehmen. Auch sorgt ein solches Engagement für ein größeres Vertrauen bei Verbraucher*innen und verhindert, dass das Ansehen eines Unternehmens durch mögliche Skandale beschädigt wird.

Aus diesem Grund haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von Unternehmen aktiv für ein eine gesetzliche Reglung ausgesprochen – dazu gehören zum Beispiel Vaude, Daimler, Tchibo oder BMW."

Quelle: Lieferkettengesetz: Für Menschenrechte in der Wirtschaft (oxfam.de)

Was beinhaltet das Gesetz und warum betrifft es mein Unternehmen?

Neben den bekannten Bereichen hinsichtlich Kinderarbeit, Vereinigungsfreiheit, Schutz vor Folter, Unversehrtheit von Leben und Gesundheit und Regelungen zum Umweltschutz beinhaltet das Lieferkettengesetz auch folgende Bestandteile:

die Einrichtung eines Risikomanagements (§ 4 Absatz 1),

die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit (§ 4 Absatz 3),

die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (§ 5),

die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung (§ 6 Absatz 2),

die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich (§ 6 Absatz 1 und 3) und gegenüber unmittelbaren Zulieferern (§ 6 Absatz 4),

das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen (§ 7 Absätze 1 bis 3),

die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens (§ 8),

die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern (§ 9) und

die Dokumentation (§ 10 Absatz 1) und die Berichterstattung (§ 10 Absatz 2).

Da fast jedes Unternehmen in irgendeiner Weise Bestandteil einer Lieferkette ist, wird auch Ihr Unternehmen früher oder später in der Verpflichtung sein, sich um die Erfüllung des LKSG zu kümmern.

Wie setze ich die darin geforderten Maßnahmen (Erfüllung der Sorgfaltspflichten) um?

Die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes sind sehr umfangreich und reichen von einer Risiko-Analyse über Anpassungen von Verträgen bis hin zu Verpflichtungen Ihrer Lieferanten (Lieferanten-Verhaltenskodex / Lieferanten-Compliance) inklusive der Einholung von Nachweisen etc.

Je nachdem, wie gut Ihr Unternehmen bereits hinsichtlich eines Compliance Managements und den darin enthaltenen Nachweisen aufgestellt ist, gibt es zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht bzgl. des Lieferkettengesetzes mehr oder weniger Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen.

Da die wenigsten Mittelstandsunternehmen eine eigene Compliance-Abteilung mit der entsprechenden notwendigen Fachkenntnis zur Umsetzung eines Lieferkettenmanagements haben, empfiehlt es sich externe Fachberatung in Anspruch zu nehmen.

Was passiert, wenn ich den Anforderungen des Lieferkettengesetzes nicht nachkomme?

Da das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren und Verstößen sanktionieren wird, sollten sich Unternehmen mit dem Lieferkettengesetz und deren Bestandteilen auseinander setzen.

Wichtig zu beachten sind auch die Vertragsgestaltungen, in denen sich Ihr Großkunde gegebenenfalls ein Sonderkündigungsrecht des Vertrages eingeräumt. Diese Vertragsklauseln, in Kombination mit einem Bußgeld der BAFA, wäre für jedes Unternehmen existenzbedrohend.

Bußgeldhöhe: 500.000 bis 800.000 € oder bei juristischen Personen mit mehr als 400 Mio. € Umsatz bis zu 2 % des Jahresumsatzes

Wer haftet bei Verstößen und wie können die damit verbundenen Sanktionen aussehen?

Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie nicht nur für Verfehlungen Ihres Unternehmens haftbar gemacht werden können, sondern auch für Schäden entlang Ihrer Lieferkette. Wenn also beispielsweise einer Ihrer größten Zulieferer dauerhaft gegen Auflagen des Lieferkettengesetzes verstößt, und Sie nehmen das wissentlich in Kauf, stehen die Chancen „sehr gut", dass Sie mit in die Haftung genommen werden.

Entgegen der langläufigen Meinung haftet nicht nur die Geschäftsführung / Vorstand, sondern – je nach Beteiligungsgrad – auch Mitarbeiter bis zur 3. Führungsebene oder noch weiter.

Bin ich als deutscher Lieferant überhaupt davon betroffen?

Auch als deutsches Unternehmen müssen Sie damit rechnen, die entsprechenden Nachweise bzgl. des Lieferkettengesetzes zur Hand zu haben. Insbesondere dann, wenn Sie unmittelbarer Zulieferer von Großunternehmen / Konzernen aus den Branchen Automotive, Pharmazie und Lebensmittel sind.

Werden meine Produkte durch die Umsetzung preislich beeinflusst?

Eine Frage, die sich nicht eindeutig bejahen oder verneinen lässt. Es kann durchaus sein, dass beispielsweise ein Zulieferer von Ihnen dazu gezwungen ist, Gehälter anzupassen, so dass sich dies natürlich auch auf den Preis der Ware auswirkt.

Was hat das Lieferkettengesetz mit dem gesetzlich geforderten Hinweisgebersystem zu tun?

§ 8 des Lieferkettengesetzes fordert die Implementierung eines Beschwerdemanagements. Die darin enthaltenen Anforderungen sind fast deckungsgleich mit den Anforderungen der EU-Whistleblowing-Richtinie. Da die EU erst kürzlich unsere Bundesregierung abgemahnt hat, da diese es Verabsäumt hat, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, wird der Handlungsdruck für Unternehmen auch hier zunehmend höher. Ein Beschwerdemanagement oder Hinweisgebersystem ist nicht, was auf die Schnelle umgesetzt werden kann, da einige Vorgaben erfüllt sein müssen.

Wo kein Kläger, da kein Richter – wird die Umsetzung überhaupt kontrolliert?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gewährleistet die effektive Durchsetzung des Gesetzes. Bei Verstößen gegen das Gesetz sind Bußgelder möglich. Unternehmen können beispielsweise bei schwerwiegenden Verstößen bis zu drei Jahre von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Unterschätzen Sie hier nicht die Tatsache, dass die BAFA Hinweise erhalten und diesen auch nachgehen wird. Es braucht nur ein verärgerter Wettbewerber sein, der Sie bei BAFA meldet.

Saskia Rotterdam

Über die Autorin

Saskia Rotterdam ist zertifizierte Compliance Managerin und arbeitet hauptsächlich im deutschen Mittelstand als Beraterin und Interim Managerin.

 

Weitere Informationen unter: https://srotterdam.business.blog/