Interim CRO in Corona Krise
Zuerst kam die „normale“ Krise und dann noch Corona…

Ein Interim-CRO im Einsatz bei einer schwierigen Unternehmenslage

Unser Interim-CRO Gunter Sobe erklärt Ihnen in dieser Success Story genauer, wie ein Interim-CRO in einer Krisensituation erfolgreich unterstützen kann und gibt einen Einblick in die Vorgehensweise und in den Alltag eines interimistischen CROs.

Aus Gründen des Datenschutzes bleibt das Unternehmen, in welchem er tätig war, anonym.

Die Ausganglage

Durch den gleichzeitigen Ausfall von zwei zentralen Funktionsträgern (GF/CEO und Betriebsleiter/COO) in einem Chemieunternehmen (120 Mitarbeiter) war die gesamte organisatorische und wirtschaftliche Lage bereits im Vorgespräch als schwierig mit verschiedenen Risiko-Feldern einzuordnen. Zusammengefasst also eine facettenreiche Restrukturierung mit dem Ziel eines Turnarounds.

Das Mandat war für ca. 6-9 Monate vorgesehen mit sofortigem Beginn Anfang 12/2019.

Der Beginn

Besondere Herausforderungen stellten die Themen Führung, Management, Performance, Transparenz und Standortsicherung dar. Ergänzend kam  „0"-Fluktuationen über sämtliche Ebenen hinzu. Die sofortige Einführung eines wöchentlichen Krisen-Jour-Fixe mit Holding-CEO und Aufsichts-/Beiratsvorsitzendem unterstützte flankierend die Kommunikation und beschleunigte dringend nötige Entscheidungen.

Ab 02/20 zusätzlich - Corona

Binnen kürzester Zeit zeigte sich ein drastischer Einbruch bzw. Ausfall in Kern-Geschäftsbereichen (z.B. Kunden- und Lieferanten-Insolvenz) im weltweiten Export und im nationalen Bereich. Der bisherige Produkt- und Markt-Fokus veränderte sich kurzfristig vollständig auf Desinfektions- und Reinigungsmittel für Health Care (z.B. Krankenhäuser) und Food (z.B. Fleisch-/Wurstwaren, Molkereien). Außerdem mussten regelmäßige Abfragen von Bundes- und Landesregierung /-ministerien zu Kapazitäten und Produkten kurzfristig beantworten werden und es war mit behördlichen Direktiven zu rechnen.

Umgesetzte Lösungen

Direkt zu Beginn wurden zur Stabilisierung, Neuausrichtung und für aktives Krisenmanagement eine Reihe von sofortigen Maßnahmen eingeführt. Die interne Kommunikation zu allen Ebenen und zum Betriebsrat wurde deutlich intensiviert und zu externen Stellen (z.B. Kunden, Lieferanten, Behörden) neu ausgerichtet. Für beide Konstellationen wurde ein deutlich höheres Maß an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Verbindlichkeit mit Festlegung von Verantwortlichkeiten und der Nachhaltung von Terminplänen anlassbezogen schrittweise eingeführt.

Mit der Schaffung von Verbindlichkeit (Besprechungs-Protokolle, Führen über Zahlen/KPIs, Prozesstransparenz) für alle Bereiche (kaufmännisch, technisch, vertrieblich) wurde schrittweise jeweils beginnend mit der Situationsanalyse ein „Hands-on-Monitoring" als Übergangslösung je Bereich aufgebaut. Später wurde die Überganglösung dann in das bestehende bisher ausschließlich finanzorientiert ausgerichtete Managementsystem integriert.

Das Hands-on-Monitoring wurde schrittweise eingeführt und erfolgreich in die Umsetzung überführt. Hierfür wurden zuerst historische Daten erfasst, dann die IST-Daten (manuell oder automatisiert) ergänzt und schließlich Auswertungen mit Rückschau, Forecast, Trend, Korrelationen über Tabellen und Graphiken schrittweise zunehmend automatisiert ermöglicht. Ergänzend wurde eingeführt, dass jedes Ergebnis (KPIs) entsprechend angemessen interpretiert und diskutiert und mit Szenarien für Entscheidungen nachvollziehbar begründet wurden.

Eine Performancesteigerung war durch die intern und extern begonnenen und durchgeführten Maßnahmen bereits nach kurzer Zeit bei Produktivität, Umsatz und Ergebnis erfolgreich zu spüren und motivierte auch anfänglich skeptische Mitarbeiter.

Für ein durchgängiges Supply Chain Management (SCM) mit Früherkennung (technisch, kaufmännisch, prozessual) mit Fokus auf Produktion inkl. Produktionsplanung, interne/externe Logistik, Vertrieb und Einkauf wurden entsprechende Maßnahmen zu Transparenz und Digitalisierung erfolgreich eingeleitet.

Lean Management und „Prozess-Denke“

Lean Management wurde als Tool quer durch alle Unternehmensbereiche eingeführt, wurde jedoch anfangs eher als Formalismus und Last gesehen. Aus diesem Grund wurde eine aktive Anwendung und Umsetzung mit einer durchgängigen „Prozess-Denke" eingeführt und systematisch über alle Führungsebenen verantwortungsvoll vorangetrieben. Die erfolgreiche Annahme und Umsetzung bei allen Mitarbeitern konnte durch Praxisbeispiele und fundierte Begründungen und Erläuterungen erreicht werden. Das A & O ist die Akzeptanz und das Verständnis bei den Mitarbeitern.

Für ein durchgängiges Supply Chain Management (SCM) mit Früherkennung (technisch, kaufmännisch, prozessual) mit Fokus auf Produktion inkl. Produktionsplanung, interne/externe Logistik, Vertrieb und Einkauf wurden entsprechende Maßnahmen zu Transparenz und Digitalisierung erfolgreich eingeleitet.

Strategieentwicklung und Ergebnis

Bisherige Strategien waren zu konservativ, kleinteilig und kurzsichtig. Die besondere Herausforderung war, den Change in der Perspektive für den jeweiligen Bereich in der Transformation zu ermöglichen und bei gleicher Anzahl von Mitarbeitern erfolgreich eine Umsatzverdoppelung in 5 Jahren, eine Verdoppelung der bisher genehmigten Produktions-Jahrestonnage und eine sehr deutliche Ergebnisverbesserung zu erreichen (Ziel: Turnaround ab Beginn Q3/20).

Personal und Veränderungen

Sämtliche Führungs- und Schlüsselpositionen wurden einer Performance- und Risikobeurteilung unterzogen und jeweils ein Plan A, B und C je Position festgelegt. Erforderliche Veränderungen (z.B. GF, Bereichs-/Teamleiter, etc.) wurden systematisch erfolgreich vorgenommen und grundsätzliche Maßnahmenpakete für die Zukunft erfolgreich verankert.

Und 02/20 kam Corona…

Binnen kürzester Zeit wurde das ganze Unternehmen unter Corona-Regeln von 1- auf 2-Schicht-Betrieb mit temporärer Personalerhöhung (20 MA) mit dem Fokus auf Produktion und Logistik umgestellt. Der nun eingeführte morgendlich-tägliche sehr frühe Supply Chain-Jour fixe im Krisenmodus konnte nach 3 Monaten wieder schrittweise reduziert werden.

Leistungssteigerung auf das 10- bis 12-fache

Für Desinfektions- und Reinigungsmittel wurde der Ausstoß von 10 t/Tag auf 100 t/Tag, an Spitzentagen sogar 120 t/Tag, massiv erhöht. Flankierend wurden erhebliche Transport- und Gelände-Sicherungsmaßnahmen für das „flüssige Gold" und die teilweise sehr skurrilen Markt- und Begleiterscheinungen getroffen, die an „Goldgräber-Verhalten" in Alaska oder anderswo erinnern. Intensiven Medien-Anfragen (TV, Print, etc.) wurde sehr restriktiv begegnet.

Fazit

Bei dem sehr tradiert aufgestellten Unternehmen waren die Anforderungen bislang eher durch ein operativ ausgerichtetes Vorgehen geprägt und an den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgerichtet.

Eine Planung der eigenen Kapazität und die ziel- und erfolgsorientierte Steuerung der Aktivitäten waren nur in begrenztem Umfang möglich, da diese Aufgaben personell nicht bewältigen werden konnten.

Es konnten sämtliche Neubesetzungen (Ausnahme: finale Auswahl CEO) einschließlich des Betriebsleiters und der Übergabe an diesen erfolgreich durchgeführt werden.

Außerdem wurde an der Wahrnehmung jedes Bereichs gearbeitet. Ziel war es, jeden Bereich als konstruktive und innovative Dienstleistungsfunktion im Unternehmen zu etablieren.

Die Restrukturierung und der erforderliche Turnaround wurden erfolgreich umgesetzt, so dass das Unternehmen eine sehr gute Zukunftsperspektive hat

Über den Autor

Gunter Sobe ist Interim Manager als CRO, Geschäftsführung oder Bereichsleitung mit Fokus auf mittelständische Unternehmen für Neuausrichtung - Kostensenkung - Krise - Turnaround - Sanierung und Insolvenznähe. Seine über 30-jährige technische und kaufmännische Erfahrung qualifiziert ihn für außergewöhnliche Unternehmenssituationen. Er verfügt über Expertise im privaten und öffentlichen Sektor auch im Rahmen von Vergaberecht. Außerdem ist er langjähriger Trainer beim Deutschen Alpenverein (z.B. Expeditionsleitung) und erfahrener Hochsee-Skipper.