Ein Fachbeitrag unseres Interim Managers

Interim CFO - Es kommt immer anders als man denkt

Welchen Herausforderungen ist ein CFO gegenübergestellt? Entlang eines echten Fallbeispiels erfahren Sie von Projektbeginn bis zum Projektabschluss die Herangehensweise unseres Interim Chief Financial Officer.

Interim Manager CFO

Das Schöne an dem Job als Interims Manager ist für den Interim Manager Klaus Staymann, dass er äußerst vielseitig ist und man immer wieder Überraschungen erlebt. Kein Mandat ist vergleichbar und die Herausforderungen stets anders.

Typische Anbahnung mit einer pauschalen Aufgabenstellung

So z.B. in einem Fall vor einigen Jahren, als das Telefon klingelte und sich am anderen Ende der CEO einer mittelständigen Unternehmensgruppe meldete. „Sie kennen sich doch mit Finanzen aus" waren seine ersten Worte. „Wir haben in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren ein Unternehmen mit ca. 60 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von 20 Mio. € gekauft. Da stimmt was nicht und es liegen unter Umständen deliktische Handlungen vor. Es fehlt Geld, weil beim Jahresabschlussgespräch bei der Bank vor zwei Monaten alles in Ordnung war und der Geschäftsführer nun um ein Darlehen bittet."

Eine chaotische Ausgangslage

Einige Tage später gab es ein erstes Treffen vor Ort. Der von der Holding eingesetzte CFO war im Urlaub und Klaus Staymann traf unter anderem den Geschäftsführer und die Buchhalterin vor. Nachdem ihm das Unternehmen vorgestellt wurde, beschäftigte er sich in den Folgetagen mit dem Geldfluss der beiden letzten Jahre.

Eine deliktische Handlung konnte er zwar nicht feststellen, allerdings vollkommen chaotische kaufmännische Bereiche. So wurden in denselben Perioden in unterschiedlichen ERP-Systemen gebucht, Controlling und Projektberichte waren nicht vorhanden und Kalkulationen wurden ausschließlich anhand von Marktpreisen erstellt. Die eigene Kostenstruktur wurde nicht berücksichtigt. Zudem wurden schwerwiegende Fehler während der Due Diligence zum Zeitpunkt des Unternehmenserwerbs begangen.

Durch das fehlende Controlling wurde ebenfalls übersehen, daß sich das Unternehmen ausschließlich über Anzahlungen neuer Aufträge finanzierte. Da das Unternehmen zusätzlich mit einem Auftragsloch zu kämpfen hatte, konnten die Verbindlichkeiten der laufenden Aufträge nicht mehr bedient werden. Das ist der Klassiker im Projektgeschäft des Maschinen- und Anlagenbaus.

Was jetzt gefragt war: Mut zu neuen Wegen und Flexibilität für die richtigen Entscheidungen. Zum Beispiel für den Einsatz eines spezialisierten Interimmanagers, der mit dem richtigen Krisen- und Risikomanagement die Zahlen und Bilanzen wieder auf Erfolgskurs bringt. So übernahm Klaus Staymann die Aufgaben des CFO.

Erforderliche Maßnahmen

Seine erste Amtshandlung war es, zwei externe Bilanzbuchhalter einzusetzen, um die Geschäftsvorfälle im aktuell gültigen ERP-System zu buchen und einen neuen Jahresabschluss aufzustellen. So blieben im bestehenden Abschluss Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und Nachlaufkosten für abgerechnete Aufträge unberücksichtigt oder falsch bewertet. Der bislang zuständige Steuerberater wurde von seinen Aufgaben entbunden. Als Nächstes galt es, die Finanzierung sicherzustellen. Das war nur über den Verkauf von Grundstücken und Gebäuden zu bewerkstelligen, also sich vom „Tafelsilber" zu trennen.

Das hatte eine umfangreiche Restrukturierung mit drastischem Personalabbau zur Folge. So wurde das Herzstück, die Fertigung, eingestellt. Die wesentlichen Anlagenteile mussten dementsprechend eingekauft werden, was die Kosten nicht so stark beeinflusste, wie zunächst angenommen. Der Fertigungsleiter wurde zum Einkaufsleiter umbenannt. Der Vertrieb wurde bis auf zwei Personen heruntergefahren. Somit konnten sich diese Personen ausschließlich um den Verkauf von Anlagen kümmern.

Die Kalkulation übernahm die Projektleitung. Das hatte zudem den Vorteil, dass die Projektleiter die Aufträge von der Angebotsphase bis zum Ende der Gewährleistungsphase begleiteten, Reibereien bei der Übergabe eines Auftrages vom Vertrieb zur Projektleistung vermieden wurden und der Kunde nur einen Ansprechpartner hatte. Zudem gab es fortan klare Verantwortlichkeiten.

Die Buchhaltung wurde an eine nahegelegene Schwestergesellschaft outgesourced. Zudem konnten Nachverhandlungen mit einem Schlüsselkunden über Zahlungsbedingungen und Mehrleistungen erfolgreich abgeschlossen werden. Ebenfalls konnte im Nachhinein noch der Kaufpreis für das Unternehmen in Teilen erlassen werden.

Neue Kalkulation und Berichterstattung

In der Zwischenzeit wurde anhand der durch die Nachbuchungen ermittelten Zahlen unter Berücksichtigung der neuen Struktur die Kalkulation angepasst und mit reellen Werten versehen. Eine Projektberichterstattung wurde eingeführt. Diese beinhaltete:

  • Mitlaufende Kalkulation im Vergleich zum Vormonat und der Startkalkulation
  • Nachkalkulationen
  • Eingehende Abweichungsanalyse
  • Implementierung einer rollierenden 12-Monats-Finanzplanung
  • Chancen- und Risikobetrachtung
  • Turnusmäßige Vorstellung bei der Geschäftsleitung

Wenig überraschend ergab sich, dass bis auf ein Projekt alle laufenden Aufträge mit einem negativen Ergebnis endeten.

Und doch… ein positives Ende

Letztendlich konnte Klaus Staymann durch seine Erfahrung im Projektgeschäft – insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau - das Vertrauen des Gesellschafters und der Banken zurückgewinnen und eine Refinanzierung herstellen.

Nach Beendigung seines Mandats nach 6 Monaten wurden die Aufgaben in eine zentrale Einheit in der Unternehmensgruppe überführt.

Das Unternehmen existiert heute noch in dezimierter Form.

Über den Autor

Als Finanzprofi im internationalen Maschinen- und Anlagenbau ist Klaus Staymann seit über 30 Jahren in mittelständischen Spezialmaschinenbauunternehmen tätig. In den Funktionen als Geschäftsführer (CFO) und auch als Linienverantwortlicher auf Abteilungs- und Bereichsleiterebene ist er Spezialist im Umgang mit langfristigen und komplexen Großprojekten, z.B. in den Bereichen M&A-Aktivitäten, Restrukturierungen oder Insolvenzen.

Seine internationale Ausrichtung zeichnet sich durch verschiedene Verwaltungsratsmandate in Europa und Asien aus. In der Fachführung besitzt er fundierte Erfahrungen im Finanz- und Rechnungswesen, Treasury und Controlling. Als Interim Manager ist er seit 2013 tätig, davon 4 Jahre in der Schweiz.